TKH Lauftreff - engagierter Freizeitsport

Hier kommt Kurt!!!!
Steckbrief:                                               
Name: Kurt
Alter: Ungern (etwa 50)
Lebensweise: Verheiratet
Ehefrau: Susanne
Kinder: 2 (Mädchen und Junge)
Vereinszugehörigkeit: 40 Jahre
Abteilung: Turnen
Beruf: Angestellter
Körperlicher Zustand: Übergewichtig sportlich
An einem Sonntag im Dezember, die Weihnachtsfeiern und Vorbereitungen (Weihnachtsmarktbesuch)sind im vollem Gange, ich stehe in unserem gemeinsamen Schlafzimmer vor einem schmalen Spiegel und betrachte baucheinziehend meine Figur. Susanne schleicht sich heran und behauptet, dass ich schon wieder zugelegt hätte. Ich muss auf die Familienwaage und siehe da, ohne Brille und Armbanduhr schonungslose 90 kg. Mitleidig schaut Susanne mich an (ich hätte den Ehering auch noch ablegen sollen) und meint, dass jetzt endlich etwas passieren muss. Der Sonntag ist hin, ich befinde mich in einer weiteren Lebenskrise.
Nach dem „Tatort“ mit Schokolade, Chips und 3 Gläsern Rotwein erinnert sich meine liebevolle Gattin an meine TKH-Vereinszugehörigkeit und reicht mir die Telefon-nummer der Geschäftsstelle mit den Worten: „Sport hat noch keinem geschadet“.
Es ist Montag, ich bin im Büro und das Telefon klingelt. Susanne erinnert mich an unser Gespräch vom Vorabend (hatte ich durch den Rotweinkonsum schon fast wieder vergessen). Ich rufe in der Geschäftsstelle des TKH an und versuche einer netten Dame zu erklären, dass ich seit 30 Jahren keinen Sport mehr betrieben habe, aber jetzt gewillt bin wieder loszulegen. Mit lachendem Unterton (unerhört) rät sie mir, eine kostenlose Sportberatung in Anspruch zu nehmen, oder im Internet auf den Seiten des Turnklubbs das vielfältige Angebot des Vereins zu betrachten. Ich weiß zwar nicht was das soll und lehne deshalb etwas überheblich dankend ab. Auf dem Nachhauseweg von meiner Arbeitstelle komme ich am Maschsee vorbei und sehe die vielen Jogger (früher Läufer) mehr schlecht als recht dahinzuckeln. Mein Entschluss steht fest: Das kann ich besser, ich will laufen. Im Internet (wie modern) erfahre ich die Trainingszeiten der Laufgruppe des TKH, und beschließe, am Dienstag um 18.00 Uhr mit meiner Läuferkarriere zu beginnen.
Dienstag 17.55 Uhr, nach langem Suchen finde ich die TKH-Halle in der Maschstraße. Seltsam, im Eingangsbereich der Halle befindet sich das vereinseigene Bistro.
Ein etwas korpulenter Herr hinter der Theke nimmt mich freundlich in Empfang, und schickt mich mit den Worten zu dem Umkleideraum, dass der Lauftrainer sich gleich um mich kümmern wird. Habe ich da ein verstecktes Lächeln wahrgenommen?
Ich ziehe mich um, von weiteren Läufern ist weit und breit nichts zu sehen. Susanne hat mir meinen alten Hausanzug (Ballonseidentrainingsanzug) und die alten Turnschuhe, die ich zu Gartenarbeiten getragen habe, herausgelegt. Zwischen 18.05 und 18.15 Uhr treffen jetzt auch weitere Mitläufer ein. Im Bistro treffen sich alle Läufer. Zu meiner inneren Beruhigung registriere ich, das viele Damen dabei sind und auch einige ältere Mitläufer. Hier kann ich mithalten! Der Trainer, der auch nicht mehr der
Jüngste ist (ob der überhaupt mithalten kann), verkündet einige wichtige Termine und Laufergebnisse, wovon ich fast nichts verstehe.
Der Lauf beginnt in der Maschstraße und der Trainer beordert mich an seine Seite. Ich werde ausgehorcht und meine Laufausrüstung wird skeptisch begutachtet (belächelt haben mich meine Mitläufer). Mir wird mitgeteilt, dass wir um den Maschsee laufen, dass wir noch eine Gymnastikpause bei den Bootshäusern machen und dass es Sportgeschäfte in Hannover gibt, in denen die preiswertesten Ladenhüter deutlich besser zum Laufsport passen als mein jetziges Outfit. Laufend erreichen wir den Maschsee (700m). Meine Mitläufer legen ein mörderisches Tempo vor, unterhalten sich dabei aber angeregt. Meine Atmung überschlägt sich, der Kopf ist gerötet und der Trainer schlägt vor eine Gehpause einzulegen. Ich bekomme nun Einzeltraining, denn alle anderen Läufer haben nun schwatzend nochmals das Tempo drastisch gesteigert. Bei den Bootshäusern treffe ich alle wieder. Jetzt fragen mich auch noch alle anderen Mitläufer aus und reden mir Mut zu, dass in 6 Wochen schon alles ganz anders aussehen wird (ob ich so lange durchhalte). Nun werden Koordinationsläufe (oder wie die auch heißen) und Dehnübungen absolviert. Ich hopse und stelze umher, aber der Trainer hat immer etwas zu meckern. Auch die anderen bekommen ihr Fett ab, zum Glück ist es aber ziemlich dunkel (wenn meine Kollegen mich so sehen würden). Jetzt werden alle nach ihrem Leistungsvermögen eingeteilt, Tempomacher benannt, Zeiten vorgegeben (ich verstehe immer nur Bahnhof) und die Streckenlänge bekanntgegeben. Ein Intervalltraining soll absolviert werden. Die Gruppen laufen los und ich stehe als „Ampel“ nur noch allein mit dem Trainer am Gymnastikplatz.
Zwei Damen, der Trainer und ein Mitläufer (die Schnecken der Gruppe) nehmen sich meiner an. Ich darf 4 Minuten laufend das Tempo gestalten und danach gehen. Der Trainer bleibt bei mir (als ob man sich am Maschsee verlaufen kann), und die anderen Drei laufen noch 3 Minuten weiter und kehren dann laufend zu mir zurück. Kaum sind wir alle wieder zusammen, muss ich wieder 4 Minuten laufend das Tempo gestalten. In diesem Rhythmus kommen wir um den Maschsee. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass ich die 6km (gefühlte 12km) um den See schaffen würde. Stolz breitet sich aus. Am Ende des Sees treffen wir auch alle anderen Mitglieder der Laufgruppe wieder. Die einzelnen Gruppen waren doppelt so schnell und haben
2 Maschseerunden zurückgelegt. Ernüchterung kommt auf, und es geht zurück zur Halle.
Ich bin müde aber ziemlich glücklich und möchte nur noch duschen und nach Hause.
Kaum sind wir in der Halle, will mir der Trainer das TKH-Gesundheitsstudio zeigen (was das wohl wieder ist ). Ich komme in ein richtiges kleines Fitnessstudio und muss probeweise Bauch- und Rückenmuskelaturübungen machen. Ich bin fertig.
Jetzt nur noch duschen und umziehen. Meine Mitläufer (es ist ja kaum einer mit mir gelaufen) überreden mich noch mit zum Italiener zu kommen. Ich trinke
3 Apfelschorlen, unterhalte mich nett (von den Läufergesprächen verstehe ich nicht viel), Hunger habe ich keinen mehr. Gegen 22.30 komme ich nach Hause. Die Treppe zum Schlafzimmer kann ich geradeso noch bewältigen, aber Susanne schläft schon und kriegt nichts mit.
Mittwoch ist alles anders. Die Treppe ist das größte Hindernis. Susanne möchte einen genauen Bericht und ist sichtlich stolz auf mich (alles habe ich nicht erzählt). Ein bisschen Neid sehe ich in ihren Augen. Sie kündigt an, mich vielleicht beim nächsten Mal zu begleiten (nur das nicht).
In der Firma erzähle ich von meinen Maschseeumrundungen (etwas übertrieben), die Chefsekretärin schaut anerkennend, und sieht mich schon bei möglichen Marathonvorbereitungen.
Ich werde in den nächsten Wochen natürlich weiterlaufen und mir noch andere Abteilungen im TKH anschauen, mitmachen, und im neuem Jahr berichten. Bis bald Euer Kurt.